Friedrich zum Nordstern

Landgraf Friedrich V. von Hessen-Homburg und die Homburger Freimaurerloge »Friedrich zum Nordstern«

Die Freimaurerei ist schon seit 1817 eng mit der Geschichte Bad Homburgs verknüpft. Freimaurerei war stets ein Teil der Gesellschaft, nur trat sie als solche niemals offensiv auf. Eine Spurensuche.


Im Jahr 1817 bestand die sog. »verfasste Freimaurerei« 100 Jahre.

Das alte Zeichen der Loge

1817 wurde auch in Homburg v.d.H. die Freimaurerloge »Friedrich zum Nordstern« gegründet. Sie wurde von der Altschottischen Direktorial Großloge Carl zur aufgehenden Sonne nach dem Rektifizierten Schottischen System in Arbeit gesetzt. Zeitgleich regierte der Landgraf Friedrich V. Ludwig von Hessen-Homburg, welcher soeben (1816) die volle Souveränität erhalten hatte. Was hatte diese offensichtliche Namensgleichheit zu bedeuten? Welche Verbindungen gab es zwischen Friedrich V. und der Loge – und warum? Worauf verweist der Nordstern?

Unsere Spurensuche führte uns in eine Vergangenheit, die heute sehr weit weg scheint. Vor 200 Jahren sah das Leben teilweise völlig anders aus als heute. Und doch trafen wir bei unseren Recherchen auf die selben brüderlichen Gedanken, welche die Freimaurer auch heute noch bewegen.


 Die Loge hat geforscht und Erstaunliches zu Tage gefördert. Am 18. März 2017 wurden in der Schlosskirche Bad Homburg neue Erkenntnisse aus einer spannenden und für die Freimaurerei wichtigen Zeit präsentiert. (Gemeinschaftsveranstaltung der Loge und der Schlösserverwaltung Hessen, mit Unterstützung der Großloge AFuAM.)

Prof. Dr. Hans-Hermann Höhmann klärte zuerst aus soziokultureller Perspektive fundiert darüber auf, was Freimaurerei überhaupt war und ist. Den Landgrafen Friedrich V. Ludwig von Hessen-Homburg stellte kurzweilig die Bad Homburger Stadthistorikerin Gerta Walsh (†) vor.

Im letzten Teil schilderte Dr. Günter Wolf die historische Homburger Freimaurerloge »Friedrich zum Nordstern«, die Ursache für ihre Gründung und ihre kurze Geschichte. Auch das 1863 gegründete »Freimaurerkränzchen« gleichen Namens spielte eine Rolle, das bis 1933 bestanden haben soll.

160 Zuhörer erhielten einen hochinteressanten Einblick in ein bis dahin geheimnisumwittertes Thema. In der Pause konnte man gegen eine Schutzgebühr die gebundenen Vorträge erhalten (Bild). 


Was zunächst verwunderlich schien: Friedrich V. genehmigte 1817 die Gründung nicht nur, sondern fungierte als offizieller Protektor der neuen Loge. Er stiftete 150 Gulden zum Start und stellte ihr einen jährlichen Betrag von 80 Gulden für die Bestreitung der Miete zur Verfügung. Sein Protektoriumsschreiben enthält zudem interne Details über die Freimaurerei, die vermuten lassen, dass er Einblicke in die Freimaurerei gehabt haben musste.

Friedrich V. von Hessen – ein Freimaurer?

Die Freimaurerei gilt als universelles und zeitloses Weltbild. Sie hat das Ziel, aus guten Menschen bessere zu machen. Sie will zur Begegnung und zum Nachdenken anregen, Frieden stiften und die Welt dadurch auf eine Weise verbessern, dass sie selbst überflüssig würde. Einige freimaurerische Strömungen befassen sich darüber hinaus verstärkt mit mystischen Inhalten. Man hielt es lange Zeit für gut möglich, dass der als Dichterfreund und Denker bekannte Landgraf sich von dieser Ideenkombination und dem »Geheimnis« angezogen gefühlt haben könnte – ohne jedoch einen greifbaren Anhalt für eine Mitgliedschaft Friedrichs V. zu haben.

Diesen Beweis haben wir gefunden. Friedrich V. von Hessen-Homburg war Freimaurer! Er gehörte dem Rektifizierten Schottischen System an (unter diesem System arbeitete auch die alte Homburger Loge; formal unterstellt war sie der Altschottischen Direktorialloge »Carl zur aufgehenden Sonne« in Frankfurt).

Am Rande des berühmten Freimaurer-Konvents von 1782 »bei dem Gesundbrunnen Wilhemsbad ohnweit Hanau« wurde Friedrich V. aufgenommen. Ein Protokoll des Konvents in französischer Sprache verzeichnet am 27. August 1782 seine Aufnahme.

Protokoll der Aufnahme Friedrichs V. (1782)

Die Loge »Friedrich zum Nordstern« hat daher nach dem Tode ihres Landgrafen Friedrich V. 1820 ein »Todenopfer« abgehalten, eine rituelle freimaurerische Verabschiedung von einem Bruder, wie sie ähnlich bis heute als »Trauerloge« üblich ist. Den Ablauf und den Inhalt hielt man nicht nur für das Archiv der Loge schriftlich fest, sondern man publizierte und druckte die gesamte Niederschrift des Ablaufes schon 1820 in einigen Exemplaren. Man versandte diese Schrift vielfach, so etwa an die Kinder und Verwandten des verstorbenen Landgrafen, an andere Freimaurerlogen und an sonstige Personen.

Das Werk ging in den Logen in Frankfurt, Mainz und Kassel ein. Es erreichte auch die Großloge und den Großmeister Carl von Hessen in Dänemark, der Friedrich einst selber aufgenommen hatte. In dieser Schrift ist auch die maurerische Trauerrede abgedruckt. Darin wird erwähnt, dass den Landgrafen ein Versprechen daran gehindert habe, eine Loge zu besuchen.

Nach einer Sekundärquelle (August Glahn, Friedrich zum Nordstern in Homburg v.d.H, Frankfurt 1912) sollen sich in den Akten der Loge wärmste Dankesbriefe der vier Töchter des Verstorbenen Amalie, Marianne, Caroline und Auguste sowie von Großherzog Ludwig von Hessen und Landgraf Christian von Hessen befunden haben. Gerühmt habe man darin die Trauerrede, aber auch die Auswahl eines Gedichtes des Verstorbenen, welches bei jenem »Todenopfer« vorgetragen worden war. Dass Friedrich V. Freimaurer war dürfte also um 1820 eher KEIN Geheimnis gewesen sein; erst später wurde es aufgrund der politischen Umstände zu einem. Der Sohn und zudem Erbe Friedrich VI. Josef nämlich war erklärter Gegner aller Freimaurerei, was auch zur Folge hatte, dass die Loge am 28. Dezember 1821 ihre Arbeiten einstellen musste. Den Aktenbestand, aber alle Gerätschaften überstellte man mit einem eindrucksvollen Abschiedsbrief an die Schwesterloge »Carl zum Aufgehenden Licht« in Frankfurt.

Die Bedeutung des Landgrafen Friedrich V. Ludwig für die Freimaurerei in Homburg v.d.H. als Protektor der ersten Loge ist hoch. Für die historische Forschung bedeutungsvoll ist daher die Wiederentdeckung und Publizierung der Tatsache, dass der Landgraf selber Freimaurer war. Seine intensiven, langjährigen persönlichen Kontakte mit bedeutenden Geistesgrößen und Vertretern der Aufklärung wie Klopstock, Lavater und Goethe gewinnen eine ganz neue Note, wenn man weiß, dass viele seiner Kontakte ebenfalls Freimaurer waren oder dass sie der Freimaurerei nahestanden. Viele Details aus seinem Leben wie etwa sein Einsatz für die Armen, seine vielleicht unerwartete Standhaftigkeit in der Auseinandersetzung mit Napoleon oder sein auf den ersten Blick für einen tiefgläubigen Christen des frühen 19. Jh. merkwürdig anmutendes Engagement für die wissenschaftliche »Société Patriotique de Hesse-Hombourg« werden besser begreifbar, wenn man die Ideale der Freimaurer und ihr Streben nach Wahrheit und Gerechtigkeit kennt.

Landgraf Friedrich V. Ludwig ist eine für die Geschichte Bad Homburgs wichtige Gestalt. Der lange in Vergessenheit geratene Teil seiner Persönlichkeit kann viel zum Verständnis seines Lebens und Wirkens beitragen.

(M. Hischer)


Das Freimaurerkränzchen »Friedrich zum Nordstern«

Aber die Freimaurerei war in Homburg v.d.H. auch nach der offiziellen Einstellung der Logenarbeiten noch nicht vollkommen erloschen. Einige Brüder der Frankfurter Logen kamen aus Bad Homburg. Doch spätestens ab 1863 finden wir in dem erblühenden Kurstädtchen ein Freimaurerkränzchen, das sich des alten, klangvollen Namens »Friedrich zum Nordstern« bediente und das sich auch in dieser Tradition verstand. Formal unterstand das Kränzchen der Frankfurter Loge »Carl zum Lindenberg«, die sich in der Tradition des Rektifizierten Schottischen Ritus sah und daher die Christlichkeit betonte.

In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts blühte Homburg insbesondere durch den aufstrebenden Bädertourismus auf. Viele Gäste aus dem In- und Ausland, darunter auch die kaiserliche Familie aus Berlin, gewannen Interesse an dem schönen Städtchen. Die stürmische Entwicklung zu einem mondänen Badeort brachte es mit sich, dass hier auch Freimaurer aus aller Welt zusammenkamen (der Kaiser Wilhelm I., der Bad Homburg zu seiner Sommerresidenz machte, war z. B. ebenfalls Freimaurer).

Dem Kränzchen gehörten bedeutende lokale Persönlichkeiten an, wie etwa der Baurat und Architekt »Prof Louis Jacobi« (Erbauer des Kaiser-Wilhelmsbades und Ausgräber der Saalburg), der Hofphotograph »Voigt« oder der ehemalige Hofapotheker »Rüdiger Hermann«. 1873 hatte das Kränzchen daher bereits 26 Mitglieder. Die Brüder arbeiteten rituell und informell, feierten Johannisfeste und hielten Frühjahrstagungen mit freimaurerischem Inhalt ab. Im September 1926 richtete das Kränzchen unter ihrem Vorsitzenden Meister »Ott« auch die Hauptversammlung des »Vereins Deutscher Freimaurer« aus. Am Rande dieser mehrtägigen Veranstaltung gab es:

  • eine freimaurerische Kunstausstellung im alten Kurhaus Bad Homburg (1945 zerstört),
  • ein Konzert in der Erlöserkirche,
  • ein rauschendes Fest
  • eine öffentliche Vortragsveranstaltung.

Nur wenige Jahre später wurde die Freimaurerei durch die Nationalsozialisten jedoch komplett verboten und das Kränzchen löste sich auf.

(M. Hischer)


Wer mehr über die Geschichte der Freimaurerei in Bad Homburg wissen möchte, dem sei das kleine Büchlein »Die Freimaurer von Homburg v.d.H.« empfohlen (siehe unten). Der Autor Matthias Hischer recherchierte in verschiedenen historischen Aufzeichnungen, die u. a. im Geheimen Preußischen Staatsarchiv Berlin liegen. Die sehr informative und schön gestaltete Schrift mit zahlreichen Abbildungen hat 40 Seiten und kostet 15 EUR. Sie ist über die Loge beim Autor zu beziehen, aber auch im Internet bei Booklooker sowie in Bad Homburg bei Chocolat Plus erhältlich.